Neuigkeiten Werberecht

Werberecht News Oktober 2016

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer & Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

1. BGH: Auch geringe Abweichung von Musterwiderrufsbelehrung macht Belehrung unwirksam – dann keine Widerrufsfrist
  • Fehlt eine notwendige Widerrufsbelehrung oder weicht sie von der Musterwiderrufsbelehrung ab, so ist sie unwirksam und setzt die Widerrufsfrist nicht in Kraft.
  • Das bedeutet, dass ein Verbraucher auch nach Ablauf der Widerrufsfrist ein Rechtsgeschäft widerrufen kann.
  • Die Belehrung, dass die Frist »frühestens mit Erhalt dieser Belehrung« beginnt, ist unzureichend.

Fehlt eine notwendige Widerrufsbelehrung oder weicht sie von der Musterwiderrufsbelehrung ab, die sich in Anlage 2 zu § 14 Abs. 1 BGB InfoVO in der Fassung von 2002 befindet, so ist sie unwirksam und setzt die Widerrufsfrist nicht in Kraft. Das bedeutet, dass ein Verbraucher auch nach Ablauf der Widerrufsfrist ein Rechtsgeschäft noch immer widerrufen kann.
Im vorliegenden Fall hielt der Bundesgerichtshof die Belehrung, dass die Frist »frühestens mit Erhalt dieser Belehrung« beginne, für unzureichend. Es sei dem Verbraucher so nicht möglich, den Beginn der Widerrufsfrist genau zu erkennen. Die Frist könne jetzt oder später beginnen (»frühestens)«), der Fristbeginn möglicherweise noch von weiteren Kriterien abhängen. Eine Belehrung müsse aber in jeder Hinsicht dem Muster entsprechen.

BGH vom 28.6.2011, Az. XI ZR 349/10
(RA/Microkostenlose Urteile)

2. BGH: AGH Berlin hat recht: Anwalt darf nicht gleichzeitig Immobilienmakler sein
  • Anwalt darf nicht gleichzeitig als Immobilienmakler tätig sein

Im Newsletter Werberecht 2016/1 (Beitrag Nummer 6) hatten wir über ein Urteil des Anwaltsgerichtshofes Berlin berichtet, nach dessen Auffassung ein Anwalt nicht gleichzeitig als Immobilienmakler tätig sein darf. Der BGH hat dieses Urteil nun bestätigt.

BGH vom 16.1.2016; AnwZ (Brfg 35/15
Mitteilungen der Rechtsanwaltskammer München 2016/02

3. BGH: Irreführung durch Unterlassen
  • Irreführung ist auch durch Unterlassen möglich
  • Unternehmer darf wichtige Informationen nicht vorenthalten
  • Ob eine Information wesentlich ist, ist aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen.

Nach § 5 a Abs. 2 S. 1 UWG darf ein Unternehmer einem Verbraucher wichtige Informationen nicht vor enthalten, wenn diese für die geschäftliche Entscheidung des Verbrauchers wesentlich sind. Wesentlich sind sie dann, wenn die Informationen vom Werbenden erwartet werden können und für diesen die Beschaffung keinen unverhältnismäßigen zeitlichen und kostenmäßigen Aufwand bedeutet. Ob eine Information wesentlich ist, ist aus der Sicht des Verbrauchers zu beurteilen.

Wird mit einem Prüfverfahren geworben, müssen dessen Kriterien dem Verbraucher gegebenenfalls auf einer Website zur Verfügung gestellt werden.

BGH vom 21. 7. 2016; Az. I ZR 6 20/15
www.iww.de Nr. 187850

4. OLG Frankfurt: Allgemeine Volkskrankheit rechtfertigt keinen Telefonanruf
  • Dass Rückenschmerzen eine Volkskrankheit sind, rechtfertigt den Anruf eines Herstellers von ergonomischen Sitzen bei einem Rechtsanwalt nicht

Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ist grundsätzlich nur bei vorherigem Einverständnis des Verbrauchers zulässig. Auch werbliche Anrufe bei Unternehmen setzen voraus, dass ein Anruf vermutlich im Interesse des Angerufenen liegt. Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass die Tatsache, dass Rückenschmerzen heutzutage eine Volkskrankheit sind, die durch vorbeugende gesundheitliche Aufklärung insbesondere über das Sitzen am Arbeitsplatz gemildert werden können, den Anruf eines Herstellers von ergonomischen Sitzen bei einem Rechtsanwalt nicht recht-fertigt. Daran ändere auch nichts, wenn ein entsprechender Telefonanruf nur 38 Sekunden gedauert habe. Bereits der Versuch sei unzulässig. Auf den Erfolg oder die Dauer des Versuches komme es nicht an. Zudem stelle der Kauf eines Bürostuhls für einen Anwalt lediglich ein Hilfsgeschäft dar.

OLG Frankfurt vom 9.12.2015; Az. 6 U 196/15
WRP 2016, S. 745

5. OLG Düsseldorf: Widerruf eines online Maklervertrages
  • Zwischen Interessentin und Makler kommt wirksamer Maklervertrag zu Stande, auch wenn sie sich nicht persönlich getroffen haben
  • Fehlt jedoch eine Widerrufsbelehrung, beginnt auch keine Widerrufsfrist
  • Der Maklervertrag kann auch noch lange nach Fristablauf widerrufen werden 

Ein Makler verlangte für die Vermittlung eines Objektes mit 6 Wohneinheiten von der Käuferin eine Maklerprovision. Diese hatte sich auf eine Internetanzeige per E-Mail gemeldet und um weitere Informationen gebeten. Der Makler übersandte diese und ein Exposee ebenfalls per E-Mail, in der er Name und Adresse des Eigentümers und weitere Informationen mitteilte. Danach meldete sich der Ehemann der Interessentin telefonisch bei dem Makler und bat um einen Besichtigungstermin. In diesem Termin war der Makler aber nicht persönlich anwesend, sondern nur der Verkäufer.

Das OLG Düsseldorf war der Meinung, dass zwischen der Interessentin und dem Makler ein wirksamer provisionspflichtiger Maklervertrag zu Stande gekommen sei. Auch habe der Makler sein Provisionsverlangen von vorneherein klar und unmiss-verständlich zum Ausdruck gebracht. Werde in einem Inserat von vornherein deutlich auf die Provisionspflicht eines Maklervertrages hingewiesen, melde sich dann ein Interessent und erhalte Unterlagen übersandt, komme ein Maklervertrag zu Stande. Zudem habe der Makler auch den Verkäufer genannt.

Allerdings sei der Maklervertrag wirksam widerrufen worden. Ein Maklervertrag sei ein Fernabsatzvertrag, wenn er unter ausschließlicher Verwendung von Telekommu-nikationsmitteln zu Stande gekommen sei. Im vorliegenden Fall seien Angebot und Annahme über E-Mails ausgetauscht worden.

Weil aber keine Widerrufsbelehrung zugesandt worden sei, habe auch keine Widerrufsfrist begonnen. Der Maklervertrag habe deswegen auch noch lange nach Fristablauf wirksam widerrufen werden können.

OLG Düsseldorf vom 13.6.2014; Az. I - 7 U 37/13

6. OLG Köln: »Wenn das Haus nasse Füße hat nicht urheberrechtlich geschützt«
  • Einfache Redewendungen der Alltagssprache sind für den allgemeinen Gebrauch frei zu halten
  • Je länger ein Text, umso größer die Gestaltungsmöglichkeiten
  • Text vermittelt keinen eigenständigen gedanklichen Inhalt

Für das Buch »Mauerwerkstrockenlegung und Kellersanierung« hatte ein Autor den Untertitel »Wenn das Haus nasse Füße hat« gewählt. Das OLG Köln hat nun entschieden, dass dieser Untertitel urheberrechtlich nicht geschützt ist. Zwar könnten auch kurze Texte urheberrechtlichen Schutz genießen, doch seien die Anforderungen an die Originalität eines solchen kurzen Textes sehr hoch. Zudem müssten einfache Redewendungen der Alltagssprache für den allgemeinen Gebrauch freigehalten werden. Je länger ein Text sei, umso größer seien die Gestaltungsmöglichkeiten, die wiederum Maßstab für die Originalität eines Werkes seien. Mit dem Satz von Karl Valentin, » Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut«, dem ein Gericht die Urheberrechtsfähigkeit bestätigt hat, sei der streitgegenständliche Ausdruck nicht zu vergleichen. Es vermittele auch keinen eigenständigen gedanklichen Inhalt, da es sich nicht um einen vollständigen Satz gehandelt habe.

OLG Köln vom 8.4.2016; Az. 6 U 120/15
WRP 2016, S. 894

7. LG München I: Urheberbenennung durch »mouse – over« nicht ausreichend
  • Wenn beim bloßen Betrachten des Bildes der Urhebervermerk nicht erscheint, sondern erst nach längerem Verweilen des Cursors auf einem entsprechenden Hinweis, handelt es sich nicht um einen ordnungsgemäßen Urhebervermerk.

Ein Fotograf hatte im Rahmen einer so genannten »Creative cummonsense Lizenz« in die kostenlose Verwendung seines Fotos eingewilligt, wenn die Bedingungen dieser Lizenz eingehalten würden. Dazu gehörte u.a. die Verpflichtung, den Urheber in unmittelbarer Nähe seines Werkes, also seiner Aufnahme, zu nennen. Im vorliegenden Fall gab es einen derartigen Urhebervermerk jedoch nicht, allerdings tauchte der Name des Urhebers auf, wenn man mit einer Computermaus längere Zeit auf dem Bild verweilte. Beim bloßen Betrachten des Bildes jedoch erschien dieser Hinweis nicht. Nach Auffassung des LG München I handelte es sich hierbei nicht um einen ordnungsgemäßen Urhebervermerk.

LG München I vom 17.12.2014; Az. 37 O 8778/14
ZUM 2015, S. 827

8. LG Stuttgart: Maklerwerbung »Für Vermieter kostenfrei« ist irreführend und unzulässig
  • Aussage »Für Vermieter kostenfrei – wir suchen für unsere vorgemerkten Kunden in guter Wohnlage..« ohne weiteren Hinweis unzulässig

Ein Makler hatte für Mietwohnungen und Häuser mit der Aussage »Für Vermieter kostenfrei – wir suchen für unsere vorgemerkten Kunden in guter Wohnlage.. « geworben. Auf Klage eines Konkurrenten verbot das LG Stuttgart Anzeigen mit diesem Text. Nach dem Wohnungsvermittlungsgesetz darf ein Wohnungsvermittler von Wohnungssuchenden für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von Mietverträgen über Wohnräume kein Entgelt fordern, sich versprechen lassen oder annehmen (§ 2 Abs. 1 a WoVermG). Etwas anderes gelte nur, wenn der Makler vor Abschluss des Vermittlungsvertrages mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter zur Vermittlung berechtigt gewesen war (§ 5 Abs. 1).

Lasse der Vermieter aber weitere Kontakte über den Makler zu, sei dieser noch immer in seinem Auftrag und Interesse tätig, weswegen für die weiteren Mietinteressenten kein Entgeltanspruch gegenüber den Mietern und auch kein Provisionsanspruch gegen den Vermieter entstehe.

LG Stuttgart vom 30.9.2015; Az. 40 O 76/15 KfH

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