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Werberecht News Dezember 2017

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer & Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

1. EuGH: Luxuswarenhersteller darf Händler seines Vertriebsnetzes den Verkauf über Amazon verbieten*
  • Selektives Vertriebssystem rechtmäßig, wenn es dazu dient, Luxusimage sicherzustellen

Coty Germany vertreibt über ein selektives Vertriebssystem Luxusartikel in Deutschland. In den vertraglichen Bedingungen mit den Händlern ist vorgesehen, dass diese die Waren auch im Internet verkaufen dürfen, jedoch nicht über Drittplattformen, die für den Verbraucher erkennbar in Erscheinung treten. Dies bedeutet, dass dem Händler ein Verkauf der Luxuswaren über die händlereigene Homepage erlaubt ist, aber nicht über Verkaufsplattformen wie »amazon.de« oder »ebay.de«.

Der EuGH sah im Vorabentscheidungsverfahren die Klausel – vorbehaltlich der Prüfung des OLG Frankfurt – als rechtmäßig an, wenn diese dazu dient das Luxusimages der Waren sicherzustellen. Die Bedingungen müssen einheitlich für alle Händler gelten, ohne Diskriminierung angewandt werden und in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Ziel stehen. Der EuGH wertete das in der Klausel enthaltene beschränkte Internetvertriebsverbot auch als erforderlich, um das Luxusimage zu erhalten. Ein milderes Mittel sei nicht erkennbar, da der Anbieter in Ermangelung einer Vertragsbeziehung die Internetverkaufsplattformen nicht zur Einhaltung der vordefinierten Qualitätsanforderungen verpflichten kann.
EuGH, Urteil vom 6.12.2017 – C 230/16
www.curia.eu

*Hinweis: Der EuGH konkretisiert damit seine Rechtsprechung zu Fragen, unter welchen Voraussetzungen der Internetvertrieb im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems eingeschränkt werden darf. Der Vertrieb über das Internet darf danach zwar nicht insgesamt verboten werden, aber es dürfen qualitative Vorgaben gemachten werden, die erforderlich zum Schutz des Luxusimages des Produktes sind.

Der EuGH entschied darüber hinaus, dass für den Fall des Eingreifens des EU-Kartellverbots eine Gruppenfreistellung für die Klausel eingreifen würde. Eine Beschränkung von Kundengruppen oder des passiven Verkaufs an Endverbraucher sei, entgegen der Ansicht einiger Gerichte und des Bundeskartellamts, nicht in dem Verbot, bei Internetverkäufen nach außen erkennbar Drittunternehmen einzuschalten, zu erkennen.

2. BGH: Preisportal muss angeben, dass es Provision bekommt
  • Betreiber eines Preisportals sind verpflichtet, mitzuteilen, dass nur Anbieter berücksichtigt würden, die auch die Provision bezahlen.

Auf einem Preisportal konnten Bestattungsunternehmer für ihre Leistungen werben. Die Inserenten mussten für den Fall eines Vertragsabschlusses 15% oder 17,5% Provision bezahlen. Dieser Hinweis fand sich aber nur im Geschäftskundenbereich der Internetseite. Der BGH hat nun entschieden, dass die Betreiber des Preisportals verpflichtet seien, mitzuteilen, dass nur Anbieter berücksichtigt würden, die auch die verlangte Provision bezahlen. Diese Informationen seien für den Verbraucher von wesentlicher Bedeutung, weswegen sie angegeben werden müssen.

BGH vom 27 4. 2017; Az. I ZR 55/16
WRP 2017, S. 1468

3. BGH: Zum Umfang von Informationspflichten
  • Für bloße »Aufmerksamkeitswerbung« gilt UWG noch nicht
  • Wesentliche Information muss zugänglich sein, bevor geschäftliche Entscheidung getroffen wird
  • Ob Platz ausreicht, muss unter Einbeziehung der Gesamtumstände gewürdigt werden
  • Kriterien sind das konkrete Kommunikationsmittel, Umstände der Werbung, Beschaffenheit, Merkmale des Produktes
  • Unverhältnismäßige Beschränkung würde gegen Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen.

Werden in der Werbung bestimmte Informationen nicht angegeben, kann dies wettbewerbswidrig sein. Das wurde in einem Verfahren festgestellt, das bis zum EuGH geführt wurde, der den Rechtsstreit allerdings wieder an den BGH verwies. Der hat in seiner Entscheidung einige Kriterien herausgearbeitet.

Voraussetzung für die Anwendung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ist zunächst, dass nicht nur bloße »Aufmerksamkeitswerbung« vorliegt, sondern dem Verbraucher Informationen geliefert werden, anhand derer er seine Kaufentscheidung treffen kann. Dafür ist jedoch noch kein »Angebot« im juristischen Sinne erforderlich. In Bezug auf die anzulegenden Maßstäbe sei das Aufsuchen eines Internetportals mit dem Besuch eines stationären Geschäftes gleichzustellen.

Werden Waren in diesem Sinne angeboten, muss die Identität und Anschrift des Unternehmens genannt werden. Diese Information muss dem Verbraucher zugänglich sein, bevor er eine geschäftliche Entscheidung trifft, sofern sie wesentlich ist. Bei dem Argument, dass für die manchmal doch recht umfangreichen Informationen nicht ausreichend Platz sei, kommt es auf das konkrete Kommunikationsmittel an. Im vorliegenden Falle erschien die Werbung in einer eine ganze Zeitungsseite ausfüllenden Anzeige und betraf nur fünf Produkte. Deswegen wäre es aus Platzgründen möglich, die erforderlichen Angaben zu machen. Die Frage, ob ausreichend Platz zur Verfügung steht für diese Angabe müsse aber anhand der Umstände der Werbung, der Beschaffenheit, der Merkmale des Produktes und des verwendeten Kommunikationsmediums getroffen werden. Eine unverhältnismäßige Beschränkung würde gegen Art. 16 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verstoßen.

BGH vom 14.9.2017; Az. I ZR 231/14
WRP 2016, S. 459

4. LG Offenburg: »Nach traditioneller Metzgerkunst« : Alles muss handwerklich hergestellt werden
  • Wird ein Produkt in industriellem Fleischverarbeitungsbetrieb hergestellt, kann von handwerklicher Verarbeitung nicht die Rede sein
  • Aussage wäre berechtigt, wenn sämtliche Fleisch- und Wurstwaren handwerklich hergestellt

Ein Discounter warb für seine Fleisch- und Wurstwaren mit der Aussage »Nach traditioneller Metzgerkunst hergestellt«. Bezogen wurde das Fleisch von einem Unternehmen, das an 61/2 Tagen pro Woche produzierte, 250 t Fleisch und 125 t Wurst pro Tag. In dem Unternehmen waren 1.300 Mitarbeiter beschäftigt, von denen 30 ausgebildete Metzgermeister und 125 Metzgergesellen waren. Abteilungsleiter und Schichtleiter waren mit Metzgermeister besetzt. Die Produktionsanlage wurde vom Computer gesteuert. Ein Verbraucherverein klagte gegen die werbliche Aussage mit dem Argument, dass das Produkt in einem industriellen Fleischverarbeitungsbetrieb hergestellt werde. Von einer handwerklichen Verarbeitung könne nicht die Rede sein. Das LG Offenburg war auch der Meinung, dass die Aussage nur dann berechtigt sei, wenn sämtliche Fleisch- und Wurstwaren handwerklich hergestellt worden seien. Allein die Eintragung in die Handwerksrolle lasse nicht den sicheren Schluss zu, dass sämtliche Waren auch handwerklich produziert wurden.

LG Offenburg vom 15.9.2017; Az. 5 0 54/16 KfH
WRP 2017, S. 1534

5. LG Heilbronn: Keine »para. med. Kosmetikerin«
  • Bezeichnung »para. med. Therapeutin.« und »para. med.Kosmetik Studio« unzulässig
  • Abkürzung »med.« wird als Abkürzung für »medizinisch« verstanden

Eine Kosmetikerin bezeichnete sich als »para. med. Therapeutin.« und ihr Institut als »para. med.Kosmetik Studio«. Das LG Heilbronn hielt dies für unzulässig. Durch diese Formulierung entstehe der Eindruck, sie wirke im Sinne der Prüfung, Erkennung und Behandlung von Hauterkrankungen. Dies sei jedoch nicht der Fall, das könne und dürfe sie nicht. Die Abkürzung »med.« werde von den angesprochenen Verkehrskreisen als Abkürzung für »medizinisch« verstanden. Der Verbraucher, dem das Wort »para« bekannt ist, verstehe darunter einen Hinweis auf die Anwendung alternativer Medizin.

LG Heilbronn vom 28.9.2017; Az. 21 O 45/17 KfH
WRP 2017, S. 1532

6. AG Köln: Kuh darf ohne Zustimmung fotografiert und Foto veröffentlicht werden
  • Bäuerin hat Persönlichkeitsrecht, das durch Aufnahmen verletzt werden kann
  • Foto eines Rinderkalbes lässt aber keinerlei Rückschlüsse auf Eigentümerin zu
  • Identifizierung der Bäuerin durch Foto nicht möglich

Weil ein Rinderkalb fotografiert und das Foto veröffentlicht worden war, ging die Bäuerin und Eigentümerin des Rinderkalbes dagegen gerichtlich vor. Sie verlangte Schadenersatz, weil sie nicht um Zustimmung gebeten worden war. Das Amtsgericht (AG) Köln wies die Klage jedoch ab. Durch die Aufnahmen und deren Veröffentlichung sei auf ihr Eigentum nicht eingewirkt worden. Sie habe trotz des Fotografiervorganges nach Belieben mit dem Kalb verfahren können. Zwar habe die Bäuerin ein Persönlichkeitsrecht, das durch ungenehmigte Aufnahmen verletzt werden kann. Bei dem Foto des Rinderkalbes sei dies jedoch nicht der Fall. Das Foto lasse keinerlei Rückschlüsse auf die Eigentümerin zu, sie könne durch das Foto auch nicht identifiziert werden. Rückschlüsse auf ihre Persönlichkeit und ihren Lebensstil ließen sich aus der Aufnahme des Rinderkalbes nicht ziehen.

AG Köln vom 22.6.2010; Az. 111 C 33/10
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