Ausgabe März 2011

Ein Service der Kanzlei Schotthöfer&Steiner

Von Dr. Peter Schotthöfer
Rechtsanwalt, München

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1. EuGH: Benutzeroberfläche kann urheberrechtlich geschützt sein

  • Grafische Benutzeroberflächen können grundsätzlich urheberrechtlich geschützt sein.
  • Voraussetzung ist, dass diese Benutzeroberfläche eine geistige Schöpfung darstellt.

2. BGH: »Flappen« sind grundsätzlich erlaubt

  • Ein zusätzlicher Umschlag einer Zeitschrift mit Werbung ist keine verbotene, weil getarnte Werbung.
  • Auch wenn dies aus der vorderen Umschlagseite nicht ohne weiteres hervorgeht, wird es aus der hinteren deutlich.

3. HansOLG Hamburg: »LOOP« mit »JOOP« verwechselungsfähig

  • Die »jüngere« deutsche Wort/Bildmarke »LOOP« verletzt die ältere Firmenbezeichnung »JOOP!«.
  • Das Wort LOOP (= engl. Schleife) sei dem deutschen Durchschnittsverbraucher nicht bekannt sei.

4. OLG Hamm: Himalaya Salz muss vom Himalaja stammen

  • »Himalaya« – Salz muß aus dem Gebiet des Himalaya stammen.
  • Das trifft nicht zu, wenn es aus einem Gebiet stammt, das circa 200 km davon entfernt ist.

5. OLG München: Wann ist Gebrauchsgegenstand Kunst?

  • Ein Gebrauchsgegenstand (hier: Eierkocher) kann ein Kunstwerk sein, wenn er individuelle Züge aufweist.
  • Daß der »Eierkoch« sich in den Sammlungen mehrerer deutscher Museen für angewandte befindet, spricht dafür, dass er von der Kunst aufgeschlossen Kreisen als dem Urheberrechtsschutz unterliegend ansehen.

6. AG München: »Kauf innerhalb den ersten drei Tagen gibt’s noch 1000 € in bar von mir!!« – Fristbeginn ab Einstellung ins Netz oder Aufruf der Seite?

  • Das Versprechen muß so verstanden werden, dass Fristbeginn nicht die individuelle Kenntnisnahme durch den Käufer ist, sondern der Zeitpunkt, in dem das Angebot ins Internet eingestellt wurde.

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1. EuGH: Benutzeroberfläche kann urheberrechtlich geschützt sein
Der europäische Gerichtshof hat entschieden, dass grafische Benutzeroberflächen grundsätzlich urheberrechtlich geschützt sein können. Die Richtlinie 91/250 definiere den Begriff »alle Ausdrucksformen von Computerprogrammen« nicht. Sie sei so auszulegen, dass darunter auch Programme in jeder Form zu verstehen seien und damit auch solche, die in die Hardware integriert seien. Quellcode und Objektcode eines Computerprogrammes als dessen Ausdrucksformen genössen daher urheberrechtlichen Schutz. Voraussetzung sei allerdings, dass diese Benutzeroberfläche eine geistige Schöpfung des Urhebers darstelle. Ob dies der Fall ist, sei in jedem Einzelfall vom Gericht zu prüfen.

EuGH vom 22.12. 2010; C – 393/09
K&R 2011,105

2. BGH: »Flappen« sind grundsätzlich erlaubt
Ein zusätzlicher Umschlag einer Zeitschrift, der Werbung enthält, ist nach Auffassung des BGH keine verbotene, weil als Information getarnte Werbung. Die Richter waren der Auffassung, dass in diesem konkretem Fall ohne weiteres zu erkennen sei, dass es sich um Werbung handele. Auch wenn dies aus der vorderen Umschlagseite nicht ohne weiteres hervorgehe, werde es aus der hinteren Umschlagseite deutlich. Der Text auf der Vorderseite ohne Kenntnis der Rückseite stelle keine Verkaufsförderung des werbenden Unternehmens dar.

BGH I ZR 161/09 vom 1. Juli 2010
WRP 2011, S. 210

3. HansOLG Hamburg: »LOOP« mit »JOOP« verwechselungsfähig
Das Modeunternehmen »Joop« war im Jahre 1987 von dem Modeschöpfer Wolfgang Joop gegründet worden. Nach verschiedenen Umbenennungen (»JOOP! GmbH« und »JOOP ! Fashion GmbH« lautete die Bezeichnung schließlich »JOOP!GmbH«). Für dieses Unternehmen waren mehrere Marken eingetragen worden, zwei deutsche Wort/Bildmarken, eine IR Wort/Bildmarke sowie eine Gemeinschaftswortmarke »JOOP!«. Außerdem verfügte das Unternehmen über die Domän www.joop.com.

Ein anderes Unternehmen – das sich mit dem Vertrieb von Schuhen, Handtaschen etc. beschäftigte – hatte später für sich die deutsche Wort/Bildmarke »LOOP« angemeldet, wobei die beiden Buchstaben OO in dieser Marke als runde Kindergesichter mit Mützchen ausgestaltet waren. Das HansOLG Hamburg entschied nun, dass die ältere Firmenbezeichnung »JOOP!« durch die jüngere Marke »LOOP« verletzt werde.

Der Richter waren der Meinung, dass das Wort LOOP (= engl. Schleife) dem deutschen Durchschnittsverbraucher nicht bekannt sei. Bei deutscher Aussprache bestehe hohe Klangähnlichkeit.

Zwar werde aufgrund der bildlichen Gestaltung ein deutlicher Abstand zum Schriftbild hergestellt. Jedoch seien auch Wortbestandteile (OOP) beider Bezeichnungen ähnlich. Schließlich bestehe auch Branchennähe bzw. -identität in Bezug auf die Waren, für die Schutz beansprucht werde.

OLG Hamburg vom 31.1.2010; Az. 3 U 264/06
Fundstelle: eigene

4. OLG Hamm: Himalaya Salz muss vom Himalaja stammen
Für das Produkt »Alexander Salz« war mit dem Begriff »Himalaya — Salz sowie aus dem Himalaya« mit der Abbildung schneebedeckter Gipfel eines Gebirgsmassives geworben worden. Tatsächlich stammte das Salz nicht aus dem Gebiet des Himalaya, sondern aus einem Gebiet, das circa 200 km davon entfernt ist. Wissenschaftler stritten sich, ob dieses Gebiet noch zum Himalaya zu rechnen sei.

Die Richter des OLG Hamm waren der Auffassung, dass Himalaja drin sein müsse, wo Himalaya draufstehe. Der Verbraucher werde über die besondere Exklusivität des Salzes getäuscht, mit der mitunter ein mystischer Einfluss der Hochgebirgsregion des Himalaja verbunden sei.

OLG Hamm vom 25.8.2010; Az. 4 U 25/10
GRUR - RR 2011,72

5. OLG München: Wann ist Gebrauchsgegenstand Kunst ?
Ein Gebrauchsgegenstand (hier: Eierkocher) kann ein Kunstwerk sein, wenn er individuelle Züge in seiner jeweiligen charakteristischen Ausprägung aufweist. Die Nachahmung dieser künstlerischen Züge, die dem Werk eine schutzfähige eigenpersönliche Prägung verleihen, ist unzulässig. Für die Urheberrechtsschutzfähigkeit ist ein höherer Grad an schöpferischer Eigentümlichkeit im Sinne des deutlichen Überragens der Durchschnittsgestaltung erforderlich. Im vorliegenden Fall maßen die Richter des OLG München dem von Wagenfeld im Jahre 1934 geschaffenen »Eierkoch« aus Glas urheberrechtlichen Schutz zu. Der »Eierkoch« befinde sich in den Sammlungen mehrerer deutscher Museen für angewandte Kunst, was dafür spreche, dass er von der Kunst aufgeschlossen Kreisen als dem Urheberrechtsschutz unterliegend ansehen.

OLG München vom 14.10.2010; Az. 29 U 2001/10
GRUR-RR 2011, 54

6. AG München: »Kauf innerhalb den ersten drei Tagen gibt’s noch 1000 € in bar von mir!!« – Fristbeginn ab Einstellung ins Netz oder Aufruf der Seite?
Ein Autohaus hatte am 13. Oktober mit dem Versprechen im Internet geworben: »Kauf
innerhalb den ersten drei Tagen gibt’s noch 1000 € in bar von mir!!«. Ein Kunde verlangte nun diese 1000 €, weil er ein Fahrzeug nach seiner Auffassung innerhalb dieser Frist gekauft habe. Er habe am 18. März erstmals die entsprechende Internetseite geöffnet und bereits am 19. März einen Kaufvertrag mit dem werbenden Autohaus abgeschlossen.

Das AG München sah dies allerdings nicht so und wies die Klage des Kunden ab. Das Versprechen müsse so verstanden werden, dass Fristbeginn nicht die individuelle Kenntnisnahme durch den Käufer sei, sondern der Zeitpunkt, in dem das Angebot ins Internet eingestellt worden sei.

AG München vom 10.9.2010; Aktenzeichen zwo mit 71 C 20092/10
- Fundstelle: eigene

(C)
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